Hilfe in der Ehekrise
Ehekrise – was ist das eigentlich?
Die Ehekrise ist ein natürlicher Vorgang.
Das tröstet Sie zunächst wenig? Verstehen Sie mich richtig. Exzessiver Streit ist natürlich keineswegs erstrebenswert. Doch sprechen wir erst einmal über den Begriff Krise, der oft verwendet wird, ohne die Zusammenhänge zu würdigen.
Eine Ehekrise bzw. Beziehungskrise setzt ein, sobald das heftige Verliebtsein nachgelassen hat.
- Krise kommt aus dem Altgriechischischen κρίσις krísis. In der ursprünglichen Bedeutung entspricht es dem deutschen Wort Entscheidung, oder auch Beurteilung, Bewertung, Meinung.
- In einer Krise lassen die Glückshormone zugunsten der Ernüchterung nach.
- Wir sind im Alltag angekommen und stehen in der Bewährungsphase.
- Wie kann unsere Beziehung unsere Absichtserklärung aus dem Standesamt dauerhaft bestätigen? Vielleicht sollten wir hier noch einschieben, was eine Ehe eigentlich ist. Was ist eine Ehe?
- Jeden Tag können wir uns aufs Neue dafür entscheiden, mit der Partnerin bzw. dem Partner zusammenzuleben.
Vergegenwärtigen wir uns, dass eine Krise nicht automatisch mit einer Gefahr gleichzusetzen ist.
Eine Beziehungskrise kann als Möglichkeit benannt und erkannt werden, sich neu an die bestehende Partnerin bzw. den Partner zu binden. Zwischen dem Tag der Heirat und dem Moment der Krise ist etliche Zeit vergangen. Womöglich ist man reifer als bei der Heirat. In jedem Fall aber wissen beide schon mehr, „woran sie sind.“
Deshalb kann die Zeit nach einer überwundenen und genutzten Krise eine neue Qualität in der Beziehung hervorbringen.
Krise ist etwas Ehrliches
Wer sich in einer Krise befindet, ist mit dem Leben in seiner Komplexität und Vielschichtigkeit in Berührung. Das Gegenüber ist nicht mehr einfach nur der Sexualpartner, der Ernährer oder der andere Elternteil. Womöglich haben sich in der Krise Seiten gezeigt, die bislang verborgen waren. Seiten, die zum Partner bzw. der Partnerin gehören.
Auch die berufliche Entwicklung, die Sorgen am Arbeitsplatz usw. zählen zu den Entwicklungsschritten, die aus dem stetigen Fluss einer Beziehung mit Geburtstagen und allerlei Verpflichtungen die Frage auftauchen lassen:
Werde ich mit diesem Menschen weiterhin eine Beziehung wollen?
Falls es nicht (mehr) diese Beziehung ist, welche könnten wir entwickeln?
Der Heidelberger Paartherapeut Arnold Retzer berichtete in einer Weiterbildung von einem Paar, das zur Beratung gekommen war.
Nachdem der Zustand der Beziehung offenbar geworden war, konfrontierte er die beiden:
Sie haben keine Beziehung mehr. Aber ich bin gerne bereit, Sie beim Aufbau einer neuen Beziehung zu begleiten.
Ein solches Eingeständnis sich und dem anderen gegenüber kann neue Lebensgeister für die Beziehung wecken. Die alte Indianerregel, nach der man von einem toten Pferd absteigen soll, braucht hier nicht zu heißen: Trennung.
Von dem toten Pferd abzusteigen kann im übertragenen Sinn heißen: Wie bisher (oder wie zuletzt) können und wollen wir nicht weitermachen. Lass uns schauen, wie wir gemeinsam eine neue Beziehung zueinander aufbauen.